Billy Joel und die Diagnose Normaldruck-Hydrozephalus: Wie der „Piano Man“ mit seiner Hirnerkrankung umgehtBilly Joel: Musiker äußert sich zu abgesagten Konzerten wegen  Hirnerkrankung - DER SPIEGEL

Billy Joel ist eine Ikone der Musikgeschichte – seine Songs wie Piano Man, Uptown Girl oder We Didn’t Start The Fire haben Generationen begleitet und ihn zu einem der erfolgreichsten Künstler weltweit gemacht. Umso mehr schockierte es viele seiner Fans, als der mittlerweile 76-Jährige im Mai 2025 auf Instagram bekannt gab, dass er an einer seltenen Hirnerkrankung leidet: dem sogenannten Normaldruck-Hydrozephalus (NPH), auch bekannt als Altershirndruck.

Die Diagnose zwang den Sänger dazu, geplante Konzerte abzusagen – ein harter Schritt für jemanden, dessen Karriere von energiegeladenen Auftritten und musikalischer Leidenschaft geprägt ist. Doch nun hat sich Billy Joel in einem Interview ausführlich zu seinem Gesundheitszustand geäußert und gibt dabei einen ehrlichen, nachdenklichen und dennoch optimistischen Einblick in sein Leben mit der Krankheit.

„Ich fühle mich gut – auch wenn mein Gleichgewichtssinn im Eimer ist“

Im Podcast Club Random von Comedian Bill Maher sprach der Musiker offen über seine Diagnose. „Ich fühle mich gut“, versicherte Joel. Doch auch wenn er sich insgesamt wohlfühlt, gebe es konkrete Einschränkungen: „Mein Gleichgewichtssinn ist im Eimer. Es fühlt sich an, als wäre ich auf einem Boot.“

Diese metaphorische Beschreibung ist ein typisches Symptom des Normaldruck-Hydrozephalus – einer Erkrankung, die vor allem ältere Menschen betrifft. Dabei kommt es zu einer gestörten Zirkulation des Hirnwassers (Liquor), was zu einem erhöhten Druck in den Hirnkammern führt, obwohl der Druck im klassischen Sinn nicht stark erhöht ist – daher der Name „Normaldruck“.

Zu den typischen Symptomen zählen neben Gleichgewichtsstörungen auch Probleme mit dem Gehen, Seh- und Hörstörungen sowie kognitive Beeinträchtigungen. Oft wird die Erkrankung spät erkannt oder mit anderen altersbedingten Symptomen wie Parkinson oder Demenz verwechselt. Auch bei Billy Joel scheint die Diagnose nicht sofort eindeutig gewesen zu sein.Billy Joel muss Tour verschieben – DiePresse.com

Vom Verdacht auf Alkoholfolgen zur medizinischen Gewissheit

In dem Gespräch mit Maher gab Joel zu, dass er zunächst eine ganz andere Vermutung hatte: „Ich dachte, es müsse vom Trinken kommen.“ Zwar trinke er heute nicht mehr, doch früher sei der Alkoholkonsum ein fester Bestandteil seines Lebens gewesen. „Wie ein Loch“, kommentierte Joel rückblickend.

Dass er heute nüchtern lebt, ist eine bewusste Entscheidung – eine von vielen, die er in den letzten Jahren getroffen hat, um seiner Gesundheit Vorrang zu geben. Dennoch zeigt seine anfängliche Selbstdiagnose, wie schwer es sein kann, neue Symptome richtig einzuordnen – insbesondere, wenn man eine bewegte Vergangenheit hinter sich hat.

„Niemand weiß es. Sie wissen es nicht“, sagte Joel über die eigentliche Ursache seiner Erkrankung. Und tatsächlich ist die Medizin in vielen Fällen ratlos, wenn es um die genauen Auslöser des Normaldruck-Hydrozephalus geht. Genetische Faktoren, frühere Schädelverletzungen oder Infektionen können eine Rolle spielen – müssen aber nicht.Der "Piano Man" Billy Joel wird 75 | evangelisch.de

Zwischen Optimismus und Realität: Die Konzerte bleiben vorerst abgesagt

Trotz der ernüchternden Diagnose gibt sich Billy Joel nicht geschlagen. Sein Ton bleibt positiv, seine Haltung entschlossen. Doch die Realität holt ihn immer wieder ein: Die Ärzte haben ihm geraten, vorerst keine Konzerte zu geben. „Es ist noch nicht behoben. Es wird immer noch daran gearbeitet“, erklärte er.

Dieser Satz zeigt, dass Joel nicht nur Musiker, sondern auch ein Mensch in einem medizinischen Prozess ist – mit ungewissem Ausgang. Eine Behandlungsmöglichkeit beim NPH ist die Implantation eines sogenannten Shunts, eines Schlauchs, der überschüssige Flüssigkeit aus dem Gehirn ableitet. Ob Joel sich dieser Prozedur unterzogen hat oder dies noch geplant ist, bleibt bislang unklar.

Fest steht: Seine Fans werden noch etwas auf Live-Auftritte verzichten müssen. Doch viele zeigen Verständnis und senden dem Künstler über soziale Medien Genesungswünsche und Ermutigungen.

Ein Leben voller Musik – und dunkler Kapitel

Billy Joel ist mehr als nur ein Musiker – er ist ein Chronist amerikanischer Geschichte, ein Poet des Alltags, ein Mann mit Ecken, Kanten und Tiefen. Erst kürzlich erschien eine Dokumentation, die sich mit seinem Leben auseinandersetzt – inklusive dunkler Momente, die er selbst reflektiert.

In dieser Doku spricht er offen über Depressionen, familiäre Konflikte und den Druck, der mit dem Ruhm einhergeht. Dass er nun auch mit einer ernsten Erkrankung konfrontiert ist, reiht sich ein in eine Biografie, die zeigt, dass Erfolg und Schmerz oft Hand in Hand gehen.

Doch Joel wäre nicht Joel, wenn er sich davon unterkriegen ließe. Auch mit 76 Jahren beweist er, dass Authentizität und Offenheit wichtiger sind als makellose Fassade. Sein Statement im Podcast – ruhig, reflektiert, aber nicht dramatisch – zeigt, wie man mit einer schweren Diagnose umgehen kann, ohne sich davon definieren zu lassen.Der "Piano Man" Billy Joel wird 75 | evangelisch.de

Die Krankheit als Wendepunkt – nicht als Endpunkt

Billy Joels Umgang mit seiner Erkrankung ist beispielhaft. Anstatt sich zu verstecken, spricht er öffentlich darüber. Anstatt in Selbstmitleid zu versinken, bleibt er in Kontakt mit seinen Fans. Und anstatt die Bühne für immer zu verlassen, betont er, dass daran gearbeitet werde – mit Hoffnung auf Besserung.

Für viele seiner Anhänger ist er nicht nur musikalisches Vorbild, sondern nun auch ein menschliches. Denn in einer Welt, die Jugend, Energie und Leistung idealisiert, zeigt Joel, dass Würde, Reife und Verletzlichkeit ebenso inspirierend sein können.

Ausblick

Wann und ob Billy Joel wieder auf der Bühne stehen wird, bleibt offen. Doch seine Worte machen Mut – nicht nur für Betroffene von NPH, sondern für alle, die im Alter mit gesundheitlichen Herausforderungen konfrontiert sind.

Denn auch wenn der „Piano Man“ derzeit leiser tritt, bleibt seine Musik laut. Und sie wird weiterklingen – in den Ohren, Herzen und Erinnerungen derer, die mit seinen Liedern groß geworden sind.